Am Montag den 29. Juli 2024 fand in dem Gemeindezentrum der St. Georgs Gemeinde in Hattingen eine eindrucksvolle Veranstaltung zum Nahost-Konflikt statt. Rotem Levin, ein ehemaliger israelischer Soldat, und Osama Illiwat, ein ehemaliger Militanter aus dem palästinensischen Widerstand, berichteten über ihr Leben und ihren individuellen Ein- und wieder Austritt aus der Spirale der Gewalt, die Israel/Palästina seit nun mehr fast 80 Jahren in ihrer Hand hat.
Beide Männer berichteten von ihrem Heranwachsen in geschlossenen Gesellschaften. Palästinenser, wie Israelis erschienen in der Welt des Anderen als Bedrohung und als Feind. Man beherrschte nicht die Sprache des jeweils anderen, hörte und lernte über sie auf den Straßen, im Elternhaus und in den Schulen meinst nur Negatives und schloss sich schon früh dem dichotomen Weltbild der eigenen Gruppe an. Dieser Weg führte sie als junge Männer zu der israelischen Armee, oder in den bewaffneten palästinensischen Widerstand. Beide erlebten dort Situationen, die sie als untragbar für sich empfanden und über biographische Begegnungen entschlossen sie sich, für sich und mit anderen einen Weg aus der Gewaltspirale zu suchen. Sie schlossen sich der 2006 gegründeten israelisch-palästinensischen Organisa¬tion „combatants for peace“ an und versuchen einen Weg zur friedlichen und gerechten Ko-Existenz aller Bevölkerungsgruppen in Israel/Palästina zu finden.
Die Combatants for Peace sind eine bi-nationale Friedensbewegung, die 2006 von ehemaligen israelischen Soldatinnen und Soldaten und palästinensischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfern ins Leben gerufen wurde. Sie ist heute die größte bi-nationale Organisation in Israel und den Palästinensischen Gebieten – mit neun regionalen Gruppen, die alle mit israelischen und palästinensischen Menschen besetzt sind. Die Combatants for Peace treten konstruktiv für ein Ende der israelischen Besatzung, für Gewaltfreiheit, für Gerechtigkeit und Dialog zwischen israelischer und palästinensischer Bevölkerung ein. Es ist die einzige Organisation weltweit, in der bewaffnete Kämpferinnen und Kämpfer in einem anhaltenden Konflikt die Waffen niedergelegt haben, um sich gemeinsam für Frieden einzusetzen.
Fast 120 Gäste füllten die Halle des Gemeindezentrums in der Augustastraße bis auf den letzten Platz. Gebannt lauschten die Gäste aus Hattingen und umliegenden Städten den beiden Männern und stellten im Anschluss Fragen zur gegenwärtigen Situation im Nahost, politischen Einschätzungen und fragten nach Perspektiven und Hoffnungen der Beiden. Die Antworten vielen vorsichtig und subjektiv aus. Beide vermieden es stellvertretend für eine Gruppe zu sprechen oder Worte zu finden, die allzu schnell Zuschreibungen bedeuteten. Trotz unterschiedlicher Positionen verlief der Diskurs ohne wütende Beiträge, im gegenseitigen Respekt und konstruktiv.
Durch die Veranstaltung führte der ehemalige Pfarrer Martin Funda. Für die Übersetzung sorgten Gabriele und Friedhelm Zöllner. Für einen tollen arabischen Imbiss sorgte eine syrische Familie.
Aus vielen Kommentaren nach der langen Veranstaltung war zu hören, dass die BesucherInnen froh waren authentische Stimmen aus dem Konfliktgebiet zu hören und auch das Format der Veranstaltung und den Austausch der gegenseitigen Argumente als gewinnbringend empfanden.
Es war gelungen viele Menschen zu diesem aktuellen und virulenten Thema zusammenzubringen und für Begegnung und Austausch, Bildung und Diskurs zu sorgen. Die enorme Teilnahme bestätigt die Veranstalter darin, dass auch in der vergleichsweisen kleinen Kommune Hattingen ein großes Bedürfnis an demokratischer Auseinandersetzung zu aktuellen Weltgeschehen besteht und das das Angebot und Engagement an Diskursveranstaltungen durch die Partnerschaft für Demokratie die lokale Debattenkultur belebt und fördert.