Am 20. April 2023 gastierten die beiden KölnerInnen, Abdulla Özkan und Karmen Frankl, im Bürgerzentrum Holschentor.
Abdulla Özkan überlebte den Nagelbombenanschlag des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) am 9. Juni 2004 in der Keupstraße in Köln-Mülheim nur knapp. Ein mehrere Zentimeter langer Nagel blieb in seinem Hals stecken. Damals hatten die rechten Terroristen in der Einkaufsmeile, die als Zentrum des türkischen Geschäftslebens bekannt ist, ein Fahrrad abgestellt, auf dem sich ein Bombenbehälter mit über 700 Zimmermannsnägel befand. Diesen brachten sie zur Detonation. 22 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Zum Glück wurde niemand getötet. Nach dem Anschlag ermittelten die Behörden nicht in Richtung Rassisten und Rechtsradikalen, sondern gegen die migrantischen InhaberInnen der Straße und ihre Kundschaft. Gegen diese ermittelten die deutschen Behörden sieben Jahre, bis sich der NSU im November 2011 selbst enttarnte und offensichtlich wurde, wie tendenziös seitens der Strafverfolgungsbehörden gearbeitet wurde. Bundesweit wurde bei dem Vorgehen der Straf- und Verfolgungsbehörden im Falle des NSU von einer Täter-Opfer-Umkehr gesprochen.
Die Journalistin und Künstlerin Karmen Frankl gründete mit anderen solidarischen Menschen im Jahr 2012 die Initiative „Keupstraße ist überall“. Seitdem begleitet sie Betroffene und Traumatisierte des Anschlags, bemüht sich um Öffentlichkeits- und Erinnerungsarbeit zu den Vorgängen rund um den Anschlag. 2015 arbeitete sie bei dem Dokumentarfilm „Der Kuaför von der Keupstraße“ mit. Der Film von Andreas Maus und Maik Baumgärtner zeichnet den Anschlag und die anschließenden Ermittlungen gegen die Menschen von der Keupstraße nach. Ausschließlich Opfer und Betroffene des Anschlags kommen zu Worte und berichten von dem faschistischen Anschlag und den polizeilichen Ermittlungsmethoden gegen sie.
Diesen Film präsentierten die beiden KölnerInnen im Holschentor. Im Anschluss an die Filmvorführung berichtete Abdulla Özkan seine persönlichen Erlebnisse mit dem Sprengstoffanschlag und seine Erfahrungen mit den behördlichen Verdächtigungen und Ermittlungen gegen sich und die anderen Betroffenen aus der Keupstraße. Karmen Frankl erweiterte die Informationen mit einem Bericht über das Engagement der Initiative, berichtete von den Stadtteiltreffen, der Betreuung der Betroffenen, ihrer kritischen Begleitung des NSU-Verfahrens in München und den heutigen Stand der Initiative und ihrer Aktionen. Das Publikum nutzte die Anwesenheit der ZeitzeugInnen und stellte viele Nachfragen. Es entwickelte sich eine spannende Auseinandersetzung.
Organisiert hatte die Veranstaltung die IFAK e.V.. Unterstützt wurde sie von der Partnerschaft für Demokratie – Hattingen.